ALICE GRENIER NEBOUT, Nostalgie eines verlorenen Paradieses
Alice Grenier Nebout ist eine französisch-kanadische Künstlerin, die in Paris lebt und arbeitet. Wir haben sie in ihrem charmanten Pariser Atelier getroffen, wo sie ihre Fantasien auf Leinwand präsentiert.
Du hast mir erzählt, dass alles an einem bestimmten Sommer auf einem kleinen Ruderboot begann, erzähle uns diese Geschichte.
Diese Geschichte handelt von einem kleinen Mädchen, das mit seinem Vater in den Urlaub fuhr, aber schrecklich gelangweilt war. Dieser Vater, der kein anderer ist als meiner, gab ihm Pinsel und Farbe, um es zu beschäftigen. Das junge Mädchen richtete ihren malerischen Blick auf ein altes Boot am Ufer des Sees, neben dem sie lebten.
Dieses Boot wurde meine Lebensader, sowohl eine künstlerische Stütze als auch ein Schlüssel zu einer anderen Welt. Ich verbrachte meine Tage an diesem See, um Fische, Frösche und Vögel zu beobachten. Irgendwie bin ich immer noch dasselbe Kind, das die Welt entdeckt. Grundsätzlich symbolisiert dieses Boot meine Begegnung mit Malerei und Natur, zwei wesentliche Elemente meiner künstlerischen Praxis.
„Ich versuche, den Menschen wieder mit seiner natürlichen Umgebung zu vereinen“
Mensch, Natur und Tiere, drei Motive, die in Deinen Bildern immer wiederkehren.
Dieses Trio, das mir fast heilig ist, komponiert meine Bilder sowohl in Form als auch im Inhalt. Ich versuche, den Menschen mit seiner natürlichen Umgebung wieder zu vereinen, durch Farben, die Natur, Tier und Mensch zusammenbringen können, wie zum Beispiel die Blau, die ans Meer und seine Tiefe erinnert, an das Geheimnis oder an das dritte Auge, das uns die Welt und ihr Wissen öffnet.
Darüber hinaus ist es wichtig, dass es diese Einheit gibt, die zur Universalität der Welt führt.
„Diese Bilder sind meine einzige Möglichkeit, einen Beitrag zur Rettung der Natur zu leisten.“
Die Natur heute darzustellen, ist nicht ganz unschuldig.
Es ist absolut nichts Unschuldiges daran, dass ich die Natur repräsentiere und sie mit dem Menschen verbinde, weil ich von den jüngsten klimatischen Ereignissen am Boden zerstört bin. Die Verwendung dieser Natur in meinen Bildern ist die einzige Möglichkeit, den Menschen die ökologische Situation, in der wir uns befinden, verständlich zu machen. Die Verbindung zwischen Tier, Mensch und Natur macht dem Betrachter bewusst, dass wir unsere Welt respektieren müssen. Diese Bilder sind meine einzige Möglichkeit, die Natur zu retten.
Am Ende gibt es etwas sehr Utopisches in Deiner Arbeit, eine Art traumhafte Einheit.
Absolut, ich entferne mich von der Realität, um diese eigene Welt zu schaffen, in der ich mich wohl fühle, wo die Natur geschützt ist, eine Welt, in der Harmonie das Schlüsselwort ist. Ich erfinde lieber meine eigene Wirklickkeit, als eine bereits vorhandene darzustellen. Diese Bilder sind wie ein Schild, sie schützen mich vor der Außenwelt, vor der Realität.
Die Begegnung Deiner Vision mit der Natur gibt uns den Eindruck, paradiesische Gärten zu beobachten!
Ich stelle immer wieder den Garten Eden dar. Es ist ein Thema, das immer wiederkehren wird, ein Motiv, das ich mein ganzes Leben lang wiederholen werde. Für mich kommen wir alle von dort, wir sind alle Cousins. Natürlich löse ich mich dabei von der religiösen Dimension und behalte nur diese Vorstellung von Einheit und Harmonie. Es dreht sich alles um mentale Gewohnheiten, der westliche Betrachter ist an biblische visuelle Codes gewöhnt, die ihm erlauben, in diese Universen einzutreten, die ich erschaffe.
Der Garten Eden ist auch Mann und Frau, Gleichberechtigung in der Dualität der Geschlechter.
Absolut, meine Bilder sind auch durch die Dualität zwischen männlich und weiblich konstruiert. Die Vertikalität der Stämme, die meine Bilder unterstreichen, hat etwas Interessantes; Symbole, die zu Sexualität und Männlichkeit zurückkehren. Diese Stämme sind die eigentliche Struktur meiner Bilder. Wenn die Bäume gemalt sind, habe ich mein Gleichgewicht. Ohne diese männliche Vertikalität verliere ich mich in diesen sehr weiblichen und hügeligen Bergen, wo alles flexibler ist. Ausgeglichenheit kann es nur geben, wenn die der Geschlechter respektiert wird.
„Es ist, als würde ich meine Wunden durchs Malen verarzten und die Übel der Welt auf der Leinwandoberfläche sanft massieren.“
Diese Männer und Frauen strahlen aber noch viel mehr als ein Gefühl der Universalität aus.
Geschlechter bedeuten auch Sex. Sinnlichkeit und Liebe sind für mich auch wesentliche Bestandteile, die durch die Geste gehen, da ich auch direkt mit meinen Händen auf der Leinwandoberfläche arbeite. Es wird zu einer sehr taktilen, sogar intimen Arbeit, bei der ich die Farben mische, indem ich sie streichle, immer direkter und näher an der Leinwand. Ohne das ist es mir unmöglich, einer Emotion instinktiv einer Farbe zuzuordnen. Es ist, als würde ich meine Wunden durchs Malen verarzten und die Übel der Welt auf die Oberfläche der Leinwand sanft massieren. Da ist dieses Bedürfnis, Materie unter meiner Handfläche zu spüren.
Steht diese Sinnlichkeit im Dienst des Weiblichen und/oder Deiner Weiblichkeit?
Wichtig ist mir auch die Befreiung des weiblichen Körpers von der male gaze. Ich repräsentiere sehr feminine Frauen, die sich in ihrem Körper wohlfühlen und an alte Gottheiten erinnern. In der Tat ist die Beziehung zur Venus nicht sehr weit, es ist die universelle Frau, die Liebe und Schönheit darstellt. Indem ich diese Gottheiten mit diesen Charakteren und dieser Natur verkleide, drücke ich auch meine Weiblichkeit aus.
Meine Bilder sind daher fast Ausdruck von Weiblichkeit. Natur ist Frau.
Kredit:
Titelfoto (Home) : Anahita Vessier
Fotos : Anahita Vessier
Text: Raphaël Levy
Übersetzung : Anahita Vessier
Alice Grenier Nebout’s website
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