CHRISTOPHE CHASSOL, Auf der Suche nach perfekter Harmonie

CHRISTOPHE CHASSOL, Auf der Suche nach perfekter Harmonie

Christophe Chassol ist die moderne Version eines Maestros, der dieses innere Talent der Harmonie besitzt. Er ist immer bestrebt, die Realität zu harmonisieren. Dafür mischt er einzigartige Arrangements aus Film und Musik, um diese multisensorischen Kunstwerke namens „Ultrascore“ zu erschaffen.

Woher stammt deine Liebe zur Musik?

Mein Vater schickte mich und meine Schwester mit vier Jahren zum Konservatorium. Er spielte Saxophon in verschiedenen Bands und er nahm uns immer zu Proben mit. Zuhause entdeckten wir durch ihn verschiedene Arten von Musik. Er war ein sehr guter Lehrer, vor allem sehr praktisch veranlagt, und er brachte uns bei, jedes Mal den Namen der Noten zu sagen, wenn wir etwas spielten.

Seit deiner Kindheit, war es also klar, dass du Musiker werden würdest?

Ich begann mit sechs Jahren, Piano zu spielen. Im Konservatorium hatte ich wunderbare Lehrer, besonders diesen alten Klavierlehrer, der etwas von dem Meister in Hermann Hesses Buch „Das Glasperlenspiel“ hatte.

Aber eigentlich entschied ich erst, Musiker zu werden, als ich 20 war und nachdem ich zwei Jahre Philosophie an der Universität studiert hatte. Meine Eltern waren nicht glücklich über meine Entscheidung, denn sie wollten, dass ich einen stabilen Beruf ergreife. Aber die Irreführung durch meinen Vater spornte mich immer an, zu beweisen, dass ich es schaffen kann. Ich weiß, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe, ich könnte keinen anderen Beruf ausüben.

Woher kommt deine Begeisterung für Filme und das Konzept, sie mit deinen eigenen Kompositionen zu verbinden?

Das kommt von meiner Liebe zur Musik und für Kino im Allgemeinen und von der Popkultur aus dem Fernsehen, mit der ich aufwuchs. Ich liebe es, bis in die Nacht fern zu sehen, von einem Kanal zum anderen zu wechseln und unglaubliche Filme und Dokus zu entdecken, oder ein tolles Orchesterkonzert um 3 Uhr morgens.

Als wir klein waren, liebten meine Schwester und ich die West Side Story. Dieser Film war eine echte Offenbarung für mich, wegen seiner perfekten Synchronisation von Bild und Musik.

“Es liegt etwas sehr Subtiles darin, ein Bild und musikalische Noten zu synchronisieren. Das Video wird Teil der Musik.”

Obwohl ein Film sich bewegt, kann man beobachten, wie die Details mit der Musik verbunden sind. Durch die Wiederholung der Bewegung, entstehen viele verschiedene Synchronisationspunkte.

Für mich ist Musik wie die Konstruktion eines Gebäudes mit all den Beschränkungen, die existieren. Es geht um Dinge, wie ein altes Interview, das ich interessant finde, weil es besondere Resonanz hat, mit einem Akkord zu verbinden, den ich zwei Jahre vorher aufgenommen hatte und von dem ich lange Zeit besessen war.

Aber ich komponiere auch gern für andere Leute, das erhält etwas Handwerkliches, das ich sehr mag.

Was ist für dich der schönste Ton?

Es gibt viele Töne, die ich sehr mag, ich bevorzuge keinen. John Cage erklärt das:

“Man muss einen Ton nicht romantisch verkleiden. Man kann die Töne so lieben, wie sie sind.”

Abhängig von der Situation kann ich verschiedene Töne mögen, den Ton eines Sturms am Nachmittag, Regentropfen auf dem Dach etc.

Gibt es einen Künstler, der nicht Musiker ist, der dich inspiriert?

Hermann Hesse hat definitive meine Gedanken am meisten beeinflusst. Ich begann mit seinem Buch „Siddharta“ und seine Art, Gefühle, Emotionen und Ideen auszudrücken, hat mich echt bewegt.

Dann las ich „Narzissus und Goldmund“, das hat mich auch sehr berührt, da es sich mit Logik und Fleisch befasst: ein Künstler zu werden, um das Gesicht der Mutter zu formen, damit der Vater stolz ist.

Aber meine Bibel ist Hesses Buch “Das Glasperlenspiel,“ die imaginäre Biographie seines Helden Josef Knecht, der ‚Magister Ludi‘, der Meister im Glasperlenspiel. Dieses Buch ist wunderbar und eine große Inspiration für mein nächstes Album.

Xavier Veilhan hat dich zur Biennale in Venedig eingeladen. Kannst du mir etwas mehr über eure Zusammenarbeit verraten?

Xavier Veilhans Idee ist es, das Aussehen des französischen Pavillons zu verändern und ihn in ein Umfeld aus Holz und Gewebe im ‚Merzbau-Stil‘ zu verwandeln. Dabei soll sich Skulptur mit Landschaft mischen, und es soll eine Installation geben, die ein Aufnahmestudio enthält.

Er hat verschiedene Musiker eingeladen, in seinem ‘Studio Venezia’ zu arbeiten, in das der Besucher direkt während des Kreationsmomentes eintreten kann und somit den kreativen Prozess bezeugt.

Ich werde dort drei bis vier Tage im Juli arbeiten und Sachen aufnehmen.

Was assoziierst du mit Iran?

Das erinnert mich an die 80er, morgens im Bad, bevor ich zur Grundschule musste. Meine Mutter war schon wach. Ich hörte den Jingle der Nachrichten im Radio und dann die Ansage über den Krieg zwischen Iran und Irak.

Entdecke Christophe Chassols Ultrascores – Trilogie:

Nola Cherie “Easton” (Ausschnitt von Nola Cheri):  http://youtu.be/_2x76-6BI_Q

Indiamore (ganzer Film): http://youtu.be/X0euvHEnSw8

Big Sun “Reich & Darwin” (Ausschnitt von Big Sun): http://youtu.be/wdYkTb_gSWA/

Kredit:
– Portrait von Christophe Chassol: Laurent Bochet
– Profilfoto von Christophe Chassol: Flavien Prioreau
– Foto “Hand” und Foto “Katze”: Flavien Prioreau
– Albumcover “Ultrascore II”: Flavien Prioreau
– Albumcover “Indiamore” und “Big Sun” © Tricatel
Text: Anahita Vessier
Übersetzung: Ulrike Goldenblatt
http://www.chassol.fr/

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