LINDA BROWNLEE, Das Enthüllen ungeschliffener Anmut
Linda Brownlee ist eine preisgekrönte Fotografin, die für ihre Dokumentarfotografie bekannt ist. Sie arbeitet für die anerkanntesten Zeitungen und Magazine, hat mehrere Fotobücher veröffentlicht, und ihre Bilder wurden in der Londoner National Portrait Gallery ausgestellt.
Angetan vom Reiz ungeschliffener Schönheit, sucht sie diese in kleinen Details, die man normalerweise übersieht. Linda Brownlees Bilder enthüllen mit einer spontanen Aufrichtigkeit intime Momente und erwecken eine zarte Leichtigkeit umhüllt von elegantem und fein schimmerndem Glanz.
Anahita’s Eye präsentiert ihr Projekt „i Zii“, ein mit Feingefühl gemachtes Portait einer Familie im sizilianischen Dorf Gangi.
Nach einem Kommunikationsstudium an der Dublin City University hast du Kunst und Design studiert. Wie kommt es dazu, daß du dich letztendlich entschieden hast, Fotografin zu werden?
Fotografie war eines der Fächer meines Kunst-und Designstudiums, und ich bin total darauf abgefahren. Ich habe alles Mögliche fotografiert.
Ich habe es geliebt! Zu diesem Zeitpunkt kannte ich noch keine irländischen Fotografen, und ich wußte auch gar nicht, wie man daraus eine Karriere machen konnte. Es war ganz einfach eine Leidenschaft, und ich habe entschieden, ihr zu folgen, um zu sehen, wohin sie mich führt.
Es war total unverbindlich, mehr ein Hobby, bevor mir dann wirklich drei oder vier Jahre später klar wurde, daß es viel ernster war, und ich mir sogar eine Karriere darin vorstellen konnte.
Und wenn du nicht Fotografin geworden wärst…
… dann wäre ich entweder Pferdetierärztin, Schauspielerin, Bildhauerin, Anwältin geworden. Ich war an allem interessiert und wollte alles machen.
In deinen Fotos beobachtest du die wahre Natur der Menschen in all ihrer Intimität und ihre Beziehung zu ihrem Umfeld.
Was ist wirklich wichtig für dich, wenn du an einem Portrait einer Person arbeitest?
Für mich liegt der Fokus, die Energie und Atmosphäre einzufangen, zu reflektieren, was in diesem Austausch passiert, wie kurz er auch immer sein mag.
Und um diese Atmosphäre einzufangen, wie sehr führst und kontrollierst du die Personen, die du porträtierst? Oder bevorzugst du es, eher spontan zu bleiben?
Es ist mir immer sehr wichtig, eine sehr relaxte Atmosphäre zu schaffe, die Chemie der Person und der Situation zu verstehen, und ein Gespräch zu finden.
Ich versuche so wenig wie möglich zu lenken, da ich es bevorzuge, daß sich die Dinge von alleine offenbaren. Ich bekomme somit etwas Interessanteres, vielleicht auch etwas Intimeres.
Diese intimen Momente zeigst du in einigen Dokumentarserien, die du für Nowness gedreht hast: « Limber Notes », wo es über Performer unterschiedlichen Alters und Sozialschichten geht, die eines gemeinsam haben, die Liebe fürs Tanzen. Oder « In the Arena » über das britische Model Edie Campbell, die ihre Leidenschaft fürs Reiten enthüllt.
Möchtest du mehr Dokumentarfilme drehen?
Ja, gerne würde ich mehr drehen. Ich finde das so aufregend und befriedigend.
Ich liebe es mit all diesen Element zu arbeiten. Ich habe das Medium Radio während meines Kommunikationsstudiums studiert und bin fasziniert, was für eine Macht und Einfluß Ton und Klang haben können. So ist das Drehen von Dokumentarfilmen fast ein natürlicher Übergang, wenn man so wie ich am Charakter der Menschen, an ihren Geschichten und am Schaffen von Stimmungen interessiert ist.
Ich glaube, in mir irgendwo ist ein großer Dokumentarfilm, ich muß einfach nur die Zeit dafür finden.
Und weißt du schon genau, um wen oder um was es in diesem großen zukünftigen Dokumentarfilmprojekt gehen wird?
Noch nicht, aber sobald ich weiß, wer es ist, bin ich mir sicher, die Zeit für dieses Projekt zu finden.
Als preisgekrönte Fotografin, die für ihre Dokumentarfotografie bekannt ist, arbeitest du auch manchmal an Modeshoots.
Was interessiert dich an der Modefotografie?
Ich liebe es, mit schönem Gewand zu arbeiten, mit Modedesignern, und ich bin am Casting interessiert. Es ist amüsant und ich kann experimentieren.
Also wessen Stil bewunderst du?
Ich glaube bewundern wäre vielleicht etwas übertrieben, aber ich mag wirklich sehr gerne Yayoi Kusamas Stil.
Und gibt es ein bestimmtes Foto, das für dein kreatives Schaffen eine Inspiration ist?
Überhaupt nicht.
Inspirationen für mein künstlerisches Schaffen hole ich mir aus einer Mischung von vielen Dingen: Filme, Malerei, die Arbeit verschiedener Fotografen… Und bei langen Spaziergängen, wenn mir die Ideen ausgehen.
Neben deiner Arbeit als Fotografin und Regisseurin, bist du auch Mutter von zwei kleinen Kindern. Hat das Muttersein deine Kreativität verändert?
Es hat mir gewiß geholfen, meine kreative Energie auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Als arbeitende Mutter hat man weniger Zeit, deswegen mußt du die Projekte abweisen, die du sowieso früher oder später abgelehnt hättest. Das hilft dir vielleicht sogar, eine gewisse Klarheit zu finden.
Was geht dir durch den Kopf, wenn du an den Iran denkst?
Hashem Shakeris Fotos über die Klimaveränderung und ihre Konsequenzen im Iran.
Kredit:
Alle Fotos: Linda Brownlee
Ausschnitte aus ihrem selbstveröffentlichten Buch „I Zii“, EightyOne Books, 2016
http://www.lindabrownlee.com
Text: Anahita Vessier
Übersetzung: Anahita Vessier
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