OLIVIER CHÂTENET,
der Meister des Stils
Olivier Châtenet hat als Designer für die größten Modehäuser wie Alaïa, Thierry Mugler und Hermès gearbeitet und er hat seine eigenen Marken Mario Chanet und E2 lanciert. Während all dieser Jahre hat er eine außerordentliche Kollektion an Vintage-Mode aufgebaut und verfügt über eine der wichtigsten Kollektionen von Yves Saint Laurent Vintage-Stücken.
Er reist nicht nur mit seiner Vintage-Kollektion rund um die Welt und kuratiert Ausstellungen, er arbeitet auch als Berater für Mode und Film, weiß alles über den perfekten Schnitt und besitzt selbst eine unglaubliche Stilsicherheit.
Woher kommt dein ausgeprägtes Interesse an Yves Saint Laurent?
Als ich in den 80ern begann, in der Modeindustrie zu arbeiten, hatte ich kein sonderliches Interesse an der Marke Yves Saint Laurent. Zu dieser Zeit war seine Marke sehr klassisch und bürgerlich. Das Image von Yves Saint Laurent in den 80ern war die Karrieristin in gerade geschnittenem Blazer und kurzem Rock.
Meine Leidenschaft für seine Mode kam erst viel später, als ich nach der ultimativen Perfektion des Stils suchte. Und es ist wahr.
« Wenn man sich einige der Stücke ansieht, die Yves Saint Laurent in den letzten 30 oder 40 Jahren entworfen hat, würde ich nicht behaupten, dass sie modern sind, aber sie sind unglaublich perfekt. »
Seine Mode ist wirklich zeitlos. Sogar heute sehe ich Mädchen, die YSL Blusen tragen. Es sieht heute vielleicht sehr klassisch aus, aber Yves Saint Laurents Hauptanliegen war, dass die Frauen sich schön fühlten in seinen Kleidern.
Yves Saint Laurent sagte « Eine Frau ist am weiblichsten in einem Männeranzug. »
Ganz genau!
« Der Kontrast zwischen einem Männeranzug und einer Frau, die ihn trägt, verstärkt ihre Weiblichkeit noch mehr. »
Yves Saint Laurent war immer auf der Suche nach DEM perfekten Kleidungsstück. In den 60ern bemerkte er, dass der Erneuerungszyklus der Männermode viel langsamer, und dass Männermode viel nachhaltiger ist.
Deswegen nahm er eine Menge Teile aus der Männergarderobe und adaptierte sie für Frauen, wie den Smoking oder den Trenchcoat.
« Er sagte oft, er wünschte, er hätte die Jeans erfunden, weil die einfach perfekt ist: nonchalant, einfach und mit Sex-Appeal unabhängig vom Alter, Geschlecht oder Saison. »
Was war das Geheimnis hinter Yves Saint Laurents kreativem Genie, das die Mode so revolutioniert hat?
Für mich war Yves Saint Laurent ohne Zweifel der größte Stilist des 20. Jahrhunderts, aber nicht unbedingt der größte Modedesigner.
Er hat nichts erfunden. Er hat sehr gut beobachtet und er hatte ein außerordentliches Gespür, zu wissen, was die Frauen wirklich wollten. Seine Berühmtheit baute auf Mode auf, die es schon gab, aber sein Talent war es, zu beobachten, zu adaptieren und es im richtigen Moment anzubieten.
Im Jahr 1971, als alle noch dachten, die Mode müsse von der Zukunft inspiriert werden und futuristisch aussehen, hat Yves Saint Laurent dieses Gesetz durchbrochen, indem er seine berühmte 40er-Jahre-Kollektion an der Vergangenheit orientierte. Diese Kollektion war ein riesiger Skandal und hatte großen Einfluß auf die Branche. Es war der Beginn des Retro-Stils, obwohl er ihn nicht erfunden hat. Schon in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre konnte man diesen Retro-Stil in der Modefotografie der englischen Vogue sehen, auf denen Models Kleider von Londoner Designern wie Ossie Clark oder Biba trugen.
« Er war nicht nur rein großartiger Stilist, er wusste auch sehr gut, wie man Kommunikation und das eigene Image einsetzt, um, wie man heute sagt, einen riesigen Buzz zu kreieren. »
Das beste Beispiel dafür ist eine Nacktaufnahme von ihm aus dem Jahr 1971 als er sein erstes Männerparfüm lancierte, fotografiert von Jean-Loup Sieff. Das war eine große Sache! Wenn man den Kontext der damaligen Zeit sieht, war es ganz neu und revolutionär, dass ein Designer sein eigenes Image für die Promotion seiner Marke nutzte.
Lass uns über deine Vintage-Kollektion und deine Zusammenarbeit mit Bertrand Bonello zu seinem Film „Saint Laurent“. Wie war es als Stilberater an diesem Projekt zu arbeiten?
Es war eine wunderbare Erfahrung! Ich hatte mich zuerst bei Bonnello gemeldet. Ich hörte von seinem Filmprojekt und rief ihn sofort an. Ich hinterließ eine Nachricht. Am Tag darauf rief er zurück, dann trafen wir uns zwei Tage später und die Zusammenarbeit begann.
Zuerst gab er mir das Drehbuch, um meinen Rat einzuholen und dann traf ich Anaïs Romand, die Kostümdesignerin. Wir arbeiteten sehr hart und versuchten, so genau wie möglich zu sein. Ich gab ihr alles ikonografische Material für die Reproduktion bestimmter Stücke. Ich arbeitete besonders intensiv in der Vorbereitungsphase des Films und während der Aufnahmen der wichtigsten Szenen, wie die Szenen der Modenschauen.
Die schönste Belohnung für die harte Arbeit war, als Anaïs Romand den französischen Filmpreis, den Cäsar für ihr Kostümdesign für „Saint Laurent“ gewann. Ich habe mich so für sie gefreut!
Neben deiner Filmerfahrung und deiner Arbeit als Berater für die größten Modehäuser in Paris, hast du auch einige Ausstellungen mit deiner Vintage-Kollektion in Frankreich und im Ausland gemacht, zum Beispiel die Ausstellung „Verrückt nach Yves“ 2012 in Hong Kong. Wie war die Reaktion des asiatischen Publikums?
Sie haben sehr enthusiastisch reagiert. Hong Kong ist eine junge und moderne Stadt, also war das Konzept von Vintage-Mode für die Chinesen neu.
Die Ausstellung “Verrückt nach Yves” war Teil des 20. Jahrestages des französischen Maifestivals. Es war das erste Mal, dass ich absolut freie Hand hatte für eine Ausstellung und ich hatte meine Ausstellung noch nie zuvor in so einem großen Rahmen gezeigt.
« Obwohl er nicht so viel reiste, wurde Yves Saint Laurent in seinen « imaginären Reisen » sehr von Asien inspiriert. Als er sein Parfüm Opium auf den Markt brachte, wollte er einen Duft für die Kaiserin von China kreieren. »
Deswegen war der Schlußteil der Ausstellung so eine Art « Tribut an China ». Ich zeigte seine Kreationen von 1970 bis 1980, die unter asiatischem Einfluß entstanden.
Gibt es ein Zitat von Yves Saint Laurent, das dich inspiriert ?
« Die schönsten Kleider, in die sich eine Frau einhüllen kann, sind die Arme des Mannes, den sie liebt. »
Das Zitat zeigt perfekt, wie aufrichtig seine Bewunderung für Frauen war.
Woran denkst du, wenn du Iran hörst ?
Ich denke an Farah Diba und göttliche Schönheit.
Kredit:
Olivier Châtenets Portrait auf Cover von Christophe Roué
Olivier Châtenets Portrait vom Artikel von Angèle Châtenet
Fotos:
– Ausstellung “40 silhouettes composées d’archives YSL”, Galerie 7.5 / Paris, 2014
Kleiderstücke mit Drucken von 1970 – 1978
– Ausstellung “<i>Un regard sur Yves Saint Laurent”, Dinan / France, 2017
Kleiderstücke inspiriert von der Safari Jacke von 1968 – 1975
-Ausstellung “<i>40 silhouettes composées d’archives YSL”, Galerie 7.5 / Paris, 2014
Kleiderstücke mit Drucken von 1971 – 1983
– Portrait von Yves Saint Laurent von Jean-Loup Sieff, 1971
– Laufstegszene von Bertand Bonellos Film “Saint Laurent”
– Ausstellung “<i>Un regard sur Yves Saint Laurent”, Dinan / France, 2017
Kleiderstücke der “China” Kollektion, Saint Laurent Rive Gauche Herbst / Winter 1979/80
– Ausstellung “Golden Needle”, Joyce / Hong Kong 2016
Kleiderstücke von Dries Van Noten, von Marni und Vintage
– Ausstellung “Golden Needle”, Joyce / Hong Kong 2016
Kleiderstücke von Marc Jacobs und Junya Watanabe/Comme des Garçons
Text: Anahita Vessier
Übersetzung: Ulrike Goldenblatt
http://www.olivierchatenet.com
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