SILIA KA TUNG, Phantasie ist die Realität der inneren Welt
Silia Ka Tung ist eine chinesische zeitgenössische Künstlerin, die in London lebt. Ihre Arbeiten gleichen einem psychodelischen Ballett organischer Formen in satten Farben, die mit mysteriösen Figuren aus der antiken Mythologie zu tanzen scheinen. Die Mischung dieses modernen Traumlandes und die Einflüsse der Kultur und Tradition Chinas machen Silia Ka Tungs Arbeiten so hypnotisch und einzigartig.
Was beeinflusste deine Entscheidung, Künstlerin zu werden?
Mein Großvater mütterlicherseits war ein etablierter Traditionsmaler in China, also lag es schon in der Familie.
Ich wollte eigentlich Designerin werden. Als ich nach der Oberschule zu einem Interview an die Design-Schule ging, sagte man mir, ich solle Kunst studieren, wenn meine Eltern mich dabei unterstützen. Das war das erste Mal, dass ich darüber nachdachte.
Dann hast du Ölmalerei an der chinesischen Akademie für Bildende Künste in HangZhou studiert und danach einen Masters an der renommierten Slade School of Fine Arts in London absolviert. Unterscheidet sich die Art des Unterrichtens in China von der in England?
Ich lernte ein Jahr in der Kunstschule in China, nachdem ich am Chelsea College für Kunst in London akzeptiert wurde, weil mein Vater der Meinung war, dass ich vorher noch etwas „chinesische Kultur“ lernen sollte. Deswegen besuchte ich einen Grundkurs für Kunst in China bevor ich für meinen BA nach London ging.
„Der Unterrichtsstil in China unterscheidet sich sehr von dem in England. In China musste ich jeden Tag malen und der Unterricht war sehr akademisch. Man lernt alles in Gruppen, der Lehrer kommt und korrigiert deine Fehler und sagt dir, was du tun musst.“
Die Kunstschule in London war freier und hat Spaß gemacht. Der Unterrichtsstil ist sehr zwanglos und inspirierend, aber man war die meiste Zeit auf sich selbst gestellt.
Du hast dich in deiner Kunst sehr weiterentwickelt. Deine früheren Werke waren meistens schwarz-weiße Linienzeichnungen, doch dann haben sich die figürlichen Linien aufgelöst und wurden zu diesem wunderschönen Ballett aus Farben, abstrakten organischen Formen, die die ganze Leinwand bedecken.
Bei deinen letzten Arbeiten hast du von der Malerei zum Experimentieren mit Materialien gewechselt und machst jetzt weiche Skulpturen von Phantasie-Tieren und organischen Formen wie Äste von Bäumen. Warum hast du gewechselt?
„Zeichnen oder Doodling ist immer Teil meines Lebens… Das mache ich automatisch, sobald ich einen Stift in der Hand halte.”
Für meinen BA-Abschlussarbeit am Chelsea College entschied ich mich, eine kleine Zeichnung zu etwas Großem weiterzuentwickeln, und diese lebensgroßen Portraits, gefüllt mit Zeichnungen, begleiteten mich bis ins zweite Jahr meines Masterstudiengangs am Slate College. Aber dann wollte ich etwas anderes ausprobieren. Ich wollte „Game Paintings“ machen. Farbenfrohe, satte Malerei direkt auf die Leinwand aufgebracht, wie beim automatischen Zeichnen.
Malen ist für mich wie ein Spiel, mit Chancen und Spaß und ich male immer um die Ecken herum. Also fühlte ich mich langsam hingezogen, Objekte zu bemalen. Ich begann, weiche Skulpturen zu machen und sie anzumalen. Da bin ich jetzt angekommen.
Hat Mutterschaft deine Arbeit und deine Inspirationen verändert?
Muttersein ist für mich als Künstlerin schwer, weil man seine Prioritäten verändert und auch die Balance. So gerne ich auch mit meinen zwei Töchtern zusammen bin, ich tue mich schwer als Künstlerin. Aber die Zeit hilft und langsam bekommt man die Balance wieder und hoffentlich hat das Muttersein dann einen positiven Einfluss auf meine Arbeiten.
Gibt es ein Zitat, an das du bei deiner Arbeit denkst?
„Unsere innere Welt ist Realität, und das vielleicht mehr als unsere Außenwelt. ”
Marc Chagall
Wenn du an einem neuen Kunstwerk arbeitest, zeigst du deinem Künstler-Ehemann Gideon Rubin deine halbfertigen Arbeiten oder bleibst du lieber in deiner eigenen kreativen Blase?
Wir teilen ein Studio, deswegen zeigen wir einander oft, woran wir arbeiten, besonders wenn meine Arbeiten so lange brauchen. Ich zeige sie ihm hauptsächlich, um seine Meinung zu hören, egal ob das Werk fertig ist oder nicht.
Arbeitest du an einer neuen Ausstellung?
Ich beende ein paar Arbeiten für eine Gruppenausstellung in Amsterdam namens “Vater, Mutter, Tochter, Sohn“, die von Mette Samkalden bei Canvas Contemporary kuratiert wird. Die Ausstellung eröffnet am 14. Januar 2017 und dauert bis Mitte Februar.
Was assoziierst du mit Iran?
Ich war noch nie im Iran, also habe ich alles, was ich über das Land weiß, von Freunden gehört, in Filmen gesehen, Nachrichten, Instagram. Ja, ich habe auf Instagram ein paar Mal den Hashtag Iran verwendet und bin dadurch zu sehr merkwürdigen Orten gekommen. Es ist ein großes Land, reich an Kultur und Geschichte, wunderschön und mysteriös. Ich fände es schön, es mal zu besuchen.
Kredit:
Alle Arbeiten von Silia Ka Tung
Text: Anahita Vessier
Übersetzung: Ulrike Goldenblatt
http://www.siliakatung.com/
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