FATIMAH HOSSAINI, Schönheit im Exil

FATIMAH HOSSAINI, Schönheit im Exil

Wie geht es dir Fatimah?

Ich habe Heimweh.

Die Künstlerin, feministische Aktivistin und Kriegsflüchtling Fatimah Hossaini wurde 1993 in Teheran in einer Familie der afghanischen Minderheit geboren. In gewisser Weise trägt sie die Grundelemente ihrer künstlerischen Praxis immer in sich. Zwischen Iran und Afghanistan studierte, lehrte und praktizierte Fatimah Fotografie auf der Suche nach der Wahrheit, der Wahrheit der Frauen und damit ihrer eigenen. Fatimah ist aufgrund ihrer Geburt und Kultur staatenlos und versucht seit dem Fall Kabuls im Jahr 2021, der sie zur Flucht aus dem Land zwang, wieder mit ihrer Identität mehr in Kontakt zu kommen.

Pearl In The Oyster #10 © Fatimah Hossaini

Könnten Sie uns zunächst etwas über sich und Ihre fotografischen Anfänge erzählen?

Um mich zu kennen, muss man verstehen, wo alles begann.

Meine Großeltern mussten 1918 während des Sowjetkrieges Afghanistan in den Iran fliehen. Auch wenn ich zu der Generation von Afghanen gehöre, die im Iran geboren wurden, kann ich keine Iranerin sein, diese Zugehörigkeit wirs über das Blut übertragen.

Pear In The Oyster #5 © Fatimah Hossaini

Mit 14 Jahren war meine erste Beziehung zur Kunst die der Malerei, für die ich Unterricht nahm. Obwohl Kunst für mich eine ernste Sache war, glaubte ich nicht, dass sie mein Leben verändern könnte. Als ich jedoch in der Schule mit Mathematik begann, wollten meine Eltern, dass ich Ingenieur werde. Also begann ich vier Jahre lang Ingenieurwissenschaften zu studieren: die schlimmsten Jahre meines Lebens! Im letzten Jahr begann ich, Fotounterricht zu nehmen. Diese Unterstützung ermöglichte es mir, schneller zu sein als beim Malen, um das gewünschte Ergebnis besser einzufangen. Nach diesen Kursen und vielen Schwierigkeiten, insbesondere mit meiner Familie, erhielt ich ein Stipendium an der Universität von Teheran.

Ich habe ein zweites Bachelorstudium begonnen. Ich war die gescheiterte Ingenieurin, die mit der Fotografie von Grund auf angefangen hat. Das war eine große Sache für mich und meine Familie. Ich bin das erste Kind in einer Familie im Nahen Osten: Können Sie sich das vorstellen? Anschließend arbeitete ich in iranischen Werkstätten, stellte meine Arbeiten aus und beschloss dann, nach meinem Abschluss nach Afghanistan zurückzukehren.

Pearl In The Oyster #32 © Fatimah Hossaini

Nach meinem dritten Aufenthalt in Kabul beschloss ich, mich dort niederzulassen. Ich begann an der Universität Kabul im Fachbereich Fotografie zu unterrichten. Nach dem Bürgerkrieg in Afghanistan war das Niveau zwischen den Universitäten Kabuls und Teherans sehr ungleich. Gleichzeitig gründete ich meine Organisation, die Mastooraat Art Organization for Women and Art, mit dem Ziel, Frauen durch Kunst und Fotografie zu stärken.

Die Vorstellung, eine Frau zu sein, ist so schön.

Was Ihren Verein betrifft, möchten wir Sie fragen, welche Bedeutung Frauen in Ihrem Leben und Ihrer Arbeit haben.

Für mich ist das aufgrund meiner Geschichte und meiner Herkunft sehr wichtig. Wenn wir in Paris sehen, wie Frauen Entscheidungspositionen einnehmen, kann ich nur träumen, dass es in Afghanistan eines Tages genauso sein wird, auch wenn es ein Jahrhundert dauern wird. Das Konzept der Frau ist so schön. Wenn ich an Afghanistan denke, dann immer wegen der Männer. Sie begannen Kriege, aber die Opfer waren immer Frauen. Wenn es in einem Land nie Frieden gibt, liegt das immer an respektlosem Verhalten gegenüber Frauen.

Wenn es in einem Land nie Frieden gibt, liegt das immer an respektlosem Verhalten gegenüber Frauen.

Pearl In The Oyster #11 © Fatimah Hossaini

Als ich in Teheran war, hatte ich kein klares Bild von Frauen in Afghanistan, und so startete ich „Beauty and War“, ein Fotoprojekt, das ich unbedingt machen wollte. Meine Schwester und meiner Mutter waren die ersten afghanischen Frau, die ich fotografierte. Bei meiner Recherche habe ich nur stereotype Fotos und Bilder von Afghanistan gefunden. Als ich dort war, wurde mir klar, wie bunt und schön dieses Land war, aber dass niemand darüber sprach. Ich denke, dass Bilder, wie Fotos, manchmal stärker sind als Worte; in Wirklichkeit war es auch eine Möglichkeit, meine Gefühle auszudrücken.

In Kabul habe ich echte Freundschaften geschlossen, die es mir ermöglichten, diese Frauen zu bitten, ihre Fotos zu machen. Ich denke, wir haben eine sehr klare und ehrliche Perspektive, wenn eine Frau vor uns steht. Als Afghanin habe ich die gleichen Schwierigkeiten durchgemacht wie diese Frauen, was es mir ermöglicht, sie besser zu verstehen.

Als Afghanin habe ich die gleichen Schwierigkeiten durchgemacht wie diese Frauen, was es mir ermöglicht, sie besser zu verstehen.

Pearl In The Oyster #8 © Fatimah Hossaini

Wie haben Sie es vermieden, in die Dokumentarfotografie zu geraten?

Einige meiner Fotos sind natürlich und spontan, aber in Wirklichkeit ist meine Arbeit eine Mischung aus inszenierter und natürlicher Fotografie.

Meine Arbeit ist nicht real, aber gleichzeitig ist sie es auch. Diese Frauen sind echt, die Displays, die Textilien, alles ist echt. Wenn ich mir jedoch diese Geschäfte auf den Straßen von Kabul anschaute, war es immer die Geschichte der Frauen und der von Frauenhand gefertigten Gegenstände, die ich sehen konnte, auch wenn alle Käufer Männer waren. In Afghanistan müßte mir als Frau mein Bruder oder mein Mann die Dinge kaufen , die ich wollte, wie zum Beispiel die Stoffe an diesen Ständen. Frauen stellen die Textilien her, Männer kaufen sie für die Frauen. Das Fotografieren von Frauen vor diesen Geschäften ist inszeniert. Für einen Moment erwachte die Szene dank meiner Vorstellungskraft zum Leben und wurde real.

Pearl In The Oyster #18 © Fatimah Hossaini

Ist es schwierig, über das Thema Frauen in Afghanistan zu sprechen?

Nach dem Bürgerkrieg wurde uns in Afghanistan vieles genommen, auch Buntes und Positives aus unserem Erbe und unserer Geschichte. In einem anderen Projekt können wir prächtige Textilien und Schmuck sehen, dabei handelt es sich um von Frauen gefertigte historische Stücke. Frauen haben kulturelles Erbe geschaffen, es ist auch eine Frauengeschichte. Als sie vor meiner Kamera posierten, herrschte Scham, das Ergebnis eines bestimmten Verhaltenskodex, den ich in Afghanistan kennengelernt habe. Die Gesellschaft erlegt uns viele Einschränkungen auf, die ich auch in meinem eigenen Leben erlebt habe. Ich habe einen sehr religiösen und traditionellen Hintergrund; Daher fällt es mir immer noch nicht leicht, mich vor der Kamera zu offenbaren. Ich fühle mich immer noch nicht wohl mit meinem Körper.

Frauen schufen kulturelles Erbe,
Es ist auch eine Frauengeschichte.

Fahima Mirzaee © Fatimah Hossaini

Afghanistan ist ein Staat der Männer. Bei meinen Fotoprojekten hatte ich große Probleme damit, die Fotos dieser Frauen zu veröffentlichen, selbst während ich mit ihnen redete. Vor der Kamera zu stehen ist für diese Frauen schon sehr kompliziert.

Indem ich die Geschichten dieser Frauen erzähle, indem ich diese unerzählten Geschichten erzähle, kann ich ihnen eine Stimme geben. Als Künstlerin und Aktivistin glaube ich, dass ich die Verantwortung habe, die in meinen Fotografien festgehaltenen Geschichten zu erzählen. Das Leben der Frauen wurde von den Taliban zum Schweigen gebracht, aber ich habe zumindest diese letzten Jahre der Freiheit eingefangen.

Indem ich die Geschichten dieser Frauen erzähle, indem ich unerzählte Geschichten erzähle, kann ich ihnen eine Stimme geben.

Pearl in the Oyster © Fatimah Hossaini

Ich bereue es. Wenn ich mehr Zeit und Freiheit gehabt hätte, hätte ich mehr tun können.

Warum haben Sie sich entschieden, diese Frauen durch Porträts darzustellen?

Die Porträts sind intimer, ich möchte meinen Standpunkt zur Frauengeschichte darlegen. Das Porträt ermöglicht es mir, weiter zu gehen und beispielsweise die Identität meiner Modelle, nämlich die einer Frau, zu hinterfragen. Was ich zeigen möchte, ist, dass diese Modelle keine Paschtunen, Hazaras oder Tadschiken sind, sondern Frauen. Eine Frau zu sein kann meine Identität sein, Afghanin zu sein kann meine Identität sein, und Iranerin im Herzen zu sein kann auch meine Identität sein. Ich vermische diese Identitäten. In dieser Serie über die Zahak Berge in Bamyan ist das Model Tadschikin aus Badakhshan und trägt Hazara-Textilien in einer Hazara-Region. Das Rot des Textils ist eine Reaktion auf den Völkermord an den Hazaras.

Eine Frau zu sein kann meine Identität sein, Afghane zu sein kann meine Identität sein, und Iranerin im Herzen zu sein kann meine Identität sein, sei auch meine Identität.

Pearl In The Oyster #4 © Fatimah Hossaini

In meiner Arbeit sieht man schöne Frauen auf der Straße, aber die Geschichte hat noch mehr zu bieten. Ihre Geschichten sind aufgrund des afghanischen Kontexts von zentraler Bedeutung. Ich bin Hazara, meine mandelförmigen Augen machen mich zur Zielscheibe. Ethnische Gruppen haben untereinander Probleme, insbesondere Paschtunen, die glauben, Afghanistan sei für sie, Hazaras seien Mongolen und Tadschiken kämen aus Tadschikistan. Das ist kein einfaches Problem. In einer meiner Serien habe ich eine Hazara-Frau neben eine Paschtunen-Frau gestellt, und diese Fotos haben mir viel Hass eingebracht. Auf den ersten Blick kann man es nicht verstehen, die wahre Erzählung liegt tiefer.

Du bist im Exil, losgelöst von deinen Wurzeln und deiner Identität, was machst du?

Ich habe mein Fotoprojekt 2015 in Teheran begonnen, leider blieb es nach dem Fall Kabuls unvollendet und ich musste Afghanistan mit einem amerikanischen Militärflugzeug verlassen. Ich konnte nicht glauben, dass ich eines Tages gezwungen sein würde, mein Land zu verlassen, wie es meine Großeltern taten. Ich arbeite jedoch weiter, ich habe ein Stipendium des französischen Kulturministeriums. In einem Kriegskontext ist das Exil eine einfache Entscheidung, aber es ist eine sehr schwere Last, die man tragen muss.

In einem Kriegskontext ist das Exil eine einfache Entscheidung, aber es ist eine sehr schwere Last, die man tragen muss.

Pearl In The Oyster #28 © Fatimah Hossaini

Ich habe fünf Fotos von Frauen im Exil gemacht, um mein Projekt von 2015 abzuschließen. Frauen im Exil erzählen die Geschichte von Schönheit, Widerstandsfähigkeit, Hoffnung und Weiblichkeit. Ich habe einen neuen Weg gefunden, meine Geschichte und die anderer zu erzählen. Sie können sogar sehen, dass sich die Farbe meiner Fotos verändert hat, ich konnte die Farben Afghanistans nicht finden.

Es fällt mir jetzt schwer, diese neue Lebensweise zu akzeptieren, obwohl ich viele Möglichkeiten hatte und tolle Menschen kennengelernt habe. Das Exil ist traurig. In den ersten Monaten weinte ich auf der Straße. Heute möchte ich den Lauf der Dinge ändern. Letzten Endes ist es immer noch nicht mein Zuhause.

Letzten Endes ist es immer noch nicht mein Zuhause.

Sind Sie jetzt Ihr eigenes Model?

Ja, ich mache hauptsächlich Selbstporträts. Das ist eine große Veränderung für mich. Ich habe nicht viele öffentliche Selbstporträts gemacht.

In meiner neuen Serie stelle ich mir vor, wie ich Handschuhe und einen Hazara-Hut trage, den einzigen, den ich nach dem Fall Kabuls mitnehmen konnte. Ich bin jetzt mein Model. Ich finde hier Dinge, die mich nach Afghanistan zurückbringen, kleine Dinge. Ich finde Afghanistan in der Musik meines Vaters, in seiner Playlist. Mein neuestes Projekt ist mit der Hazara-Musik meines Vaters verbunden. In meiner neuen Serie kann ich immer noch nicht in die Kamera schauen.

Ich finde hier Dinge, die mich nach Afghanistan zurückbringen, kleine Dinge. Ich finde Afghanistan in der Musik meines Vaters, in seiner Playlist.

Was sind deine nächsten Projekte?

Heute habe ich keinen physischen Bezug mehr zu meinem Hauptprojekt und möchte daher aufhören, an dem Konzept Afghanistan zu arbeiten. Ich habe neue Projekte mit Frauen sowohl in Asien als auch in der MENA-Region gestartet. Es geht immer darum, Geschichten über Erbe, Wurzeln und Verbindungen zu erzählen. Es wird eine Herausforderung sein. Letztlich ist es dasselbe wie bei den afghanischen Frauen, nur in einem anderen Kontext: Sie bleiben aber immer noch Frauen.

Fatimah Hossaini ist die Gewinnerin des Habib Sharifi Preises x Société Nationale des Beaux-Art in 2023.

Kredit:
Titelfoto (Home) : Fatimah Hossaini
Fotos : Fatimah Hossaini
Text: Raphaël Levy
Übersetzung : Anahita Vessier
Fatimah Hossaini’s website

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ESTELLE HANANIA, Die Vieldeutigkeit der Schönheit

ESTELLE HANANIA, Die Vieldeutigkeit der Schönheit

Estelle Hanania spielt in ihren Fotografien oft mit faszinierenden Vieldeutigkeiten, indem sie das Verrohte mit dem Sanften vermischt, den Zauber mit der Realität und das Normale mit dem Extravaganten.

2006 gewann sie den Fotografie-Preis des Hyères-Festivals und zeigt seitdem ihre Arbeiten in den berühmtesten Modemagazinen und kooperierte mit renommierten Designern wie Hermès, die ihr bei der Arbeit freie Hand ließen.

Du hast einen Abschluss der Schule für Bildende Künste in Paris, du hast 2006 den Fotografie-Preis beim Hyères-Festival gewonnnen. Warum hast du am Ende Fotografie als Ausdrucksmittel gewählt?

Während meines Studiums für angewandte Kunst in der Schule für Bildende Künste in Paris habe ich mich viel mit Fotografie beschäftigt. Aber der entscheidende Wendepunkt kam bei einem Treffen mit der französischen Fotografin Camille Vivier. Sie ist ein wunderbarer Mensch und ihre Modefotografien haben etwas Freies und Unabhängiges. Ihre Arbeit hat mich ermutigt, selbst Fotografin zu werden ohne dabei meine künstlerische Freiheit und meine Ansprüche aufzugeben.

Ich arbeite eher instinktiv und meine Fotografien sind eine Art Vision verschiedener Formen, die in einem Rahmen angeordnet werden. Ich liebe zum Beispiel das eintönige Licht, das in alten osteuropäischen Filmen verwendet wurde.

Es gibt auch eine psychologische Komponente in meinen Arbeiten. Wer ist die Person, die ich da ablichte? Was genau möchte ich in meinen Bildern enthüllen?

Dein Buch “Glacial Jubilé” zeigt Arbeiten aus sechs Jahren, in denen du dich mit den heidnischen Kulturen Europas und ihren Winterritualen auseinandergesetzt hast.

Ich bin ein großer Fan von Volkskunst, Kunst, die von Autodidakten oder nicht in der Kunst ausgebildeten Menschen stammt. In ihren Kreationen liegt etwas sehr Spontanes, Zweckmäßiges, Dekoratives und Naives.

Vor zehn Jahren sah ich die Ausstellung „L’Esprit de la Forêt“ und es gab da dieses Bild einer Maske im Katalog, das mich besonders ansprach. Ich stellte Forschungen darüber an und schaffte es am Ende, das kleine Dorf in der Schweiz zu finden, aus dem es kam. Ich entschied, dort hin zu fahren und während der Wintersonnenwende Fotos zu machen. Seitdem habe ich nicht aufgehört, diese Winterrituale in Bulgarien, Österreich, Schweiz und im Baskenland zu fotografieren.

„Was mich an dieser Sache so fasziniert ist die Tatsache, dass ganz normale Menschen zu dieser Zeit zu Auftrittskünstlern werden. Sie schlüpfen in eine Rolle, verlassen ihr eigenes Ich, um danach ruhiger und gereinigt zurückzukehren. Es ist eine Art Exorzismus.“

Trotzdem sind meine Bilder weniger akkurat als anthropologische Forschungen. Ich mag es, eine Art Geheimnis zu erhalten.

Masken, Kostüme, Zeichnungen auf Körpern, bemalte Gesichter. All das sind Themen, die in deinen Arbeiten immer wieder vorkommen. In deinem Buch „Happy Purim“ hast du Kinder fotografiert, die in ihren Kostümen das jüdische Purim feiern.

Warum hast du so eine Leidenschaft für das Verkleiden und Maskieren?

Ich habe “Happy Purim” in Stamford Hill fotografiert, einem Viertel im Norden von London, in dem orthodoxe Juden wohnen. Ich war ein paar Mal dort, um Bilder von diesen Kindern zu machen, die in den komischsten Kostümen Purim feiern.

Diese Bilder zeigen nicht nur meine Faszination für das Maskieren und Verkleiden, damit man aus sich selbst herausschlüpft, sondern auch das Thema „Geschwister“, für das ich mich interessiere.

Ich habe selbst eine Zwillingsschwester und deshalb einen sehr persönlichen Zugang zur Faszination für Brüder und Schwestern, die gleich aussehen und sich gleich kleiden. Diese Ähnlichkeit kann als etwas Unheimliches oder etwas Lustiges angesehen werden, abhängig von der persönlichen Auffassung des Betrachters.

Neben deinem anthropologischen Interesse, machst du auch Modeaufnahmen für Magazine wie M-Magazin, Another Magazin, Wallstreet Journal, Pop, Dazed and Confused oder für Kunden wie Martin Margiela, Miyake oder Hermès. Inspiriert dich Mode?

Meine Schwester Marion und ich hatten immer großes Interesse an Mode. Wir kauften alle Modemagazine und wussten alles über Designer und Modefotografen.

Unsere Mutter zeichnete und malte viel und sie hat diese kreative Leidenschaft auf uns übertragen. Meine Großmutter nähte viel und vererbte uns die Liebe zum Handwerk.

„Für mich hat Mode etwas Inspirierendes, denn Kleidung und Accessoires sind wie Objekte, mit denen man eine Person kreiert, eine Geschichte erzählt.“

Mich interessiert auch der menschliche Körper und wie er präsentiert werden kann. Somit ist Modefotografie für mich eine großartige Möglichkeit, das alles auszudrücken.

Arbeitest du lieber allein oder kooperierst du gerne mit anderen Künstlern und mischst verschiedene Arten des künstlerischen Ausdrucks? Ein gutes Beispiel ist deine Zusammenarbeit mit dem französischen Künstler Christophe Brunnquell.

Ich liebe es, mit Christophe zu arbeiten. Wir trafen uns in Berlin und organisierten ein Shooting für das Magazin „Sang Bleu“, für das wir mehrere Tänzer gebucht hatten. Während der acht oder neun Stunden haben wir improvisiert und kreiert.

„Die Zusammenarbeit mit Christophe Brunnquell ist außerordentlich, fast wie eine Performance.“

Es ist eine Fusion aus seiner und meiner Arbeit, bei der wir alle Zwänge für unseren gewöhnlichen kreativen Prozess abstreifen, um etwas Neues zu schaffen, ohne zu wissen, was dabei herauskommt. Er verschiebt oder überschreitet permanent Grenzen und ich bin etwas gradliniger und konzentriere mich auf das Model, das ich ablichte.

Aber es gibt auch andere Künstler, die ich bewundere und mit denen ich gern zusammenarbeiten würde. Zum Beispiel der tschechische Filmregisseur Jan Svankmeier, der Künstler Corentin Grossmann oder der Florist Thierry Boutemy.

Du spielst immer mit einer Art Vieldeutigkeit in deinen Bildern und das schafft eine sehr starke und faszinierende Atmosphäre, die manchmal eben auch verstörend ist. Möchtest du mit deinen Arbeiten solche Gefühle erwecken?

Ich mochte nie, dass man mich kategorisiert: das blonde, süße und sanfte Mädchen. Wir haben alle unsere dunklen Seiten. Wir repräsentieren alle ein bestimmtes Bild, aber dahinter ist noch so viel mehr.

„In meinen Bildern zu den Ritualen der Wintersonnenwende zeige ich diese dunkle Seite, die am Ende zu einer Art Katharsis führt, eine Reinigung deines Geistes.“

Gibt es Filme, an die du dich aus deiner Kindheit erinnerst und die deine künstlerische Vision beeinflusst haben?

Es gibt viele: “Der Zauberer von Oz“, „Meine Lieder, meine Träume“, „Die unendliche Geschichte“.

Ich mag die Geschichte der Geschwister, die sich gleich kleiden bei “Meine Lieder, meine Träume”.

“Der Zauberer von Oz” und “Die unendliche Geschichte” beginnen beide in einer normalen Welt und führen dann plötzlich in eine fremde und phantastische Welt.

Das versuche ich auch, in meinen Bildern einzufangen. Also hatten diese Filme definitiv einen Einfluss auf mich.

Was fällt dir zu Iran ein?

Ich denke an meinen Freund Payam und sein Künstlerkollektiv “Slavs and Tatars”. Er hat mich in die iranische Kultur eingeführt.

Kredit:
Alle Fotos: Estelle Hanania
Text: Anahita Vessier
Übersetzung: Ulrike Goldenblatt
http://www.estellehanania.com/

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LINDA BROWNLEE, Das Enthüllen ungeschliffener Anmut

LINDA BROWNLEE, Das Enthüllen ungeschliffener Anmut

Linda Brownlee ist eine preisgekrönte Fotografin, die für ihre Dokumentarfotografie bekannt ist. Sie arbeitet für die anerkanntesten Zeitungen und Magazine, hat mehrere Fotobücher veröffentlicht, und ihre Bilder wurden in der Londoner National Portrait Gallery ausgestellt.

Angetan vom Reiz ungeschliffener Schönheit, sucht sie diese in kleinen Details, die man normalerweise übersieht. Linda Brownlees Bilder enthüllen mit einer spontanen Aufrichtigkeit intime Momente und erwecken eine zarte Leichtigkeit umhüllt von elegantem und fein schimmerndem Glanz.

Anahita’s Eye präsentiert ihr Projekt „i Zii“, ein mit Feingefühl gemachtes Portait einer Familie im sizilianischen Dorf Gangi.

Nach einem Kommunikationsstudium an der Dublin City University hast du Kunst und Design studiert. Wie kommt es dazu, daß du dich letztendlich entschieden hast, Fotografin zu werden? 

Fotografie war eines der Fächer meines Kunst-und Designstudiums, und ich bin total darauf abgefahren. Ich habe alles Mögliche fotografiert.

Ich habe es geliebt! Zu diesem Zeitpunkt kannte ich noch keine irländischen Fotografen, und ich wußte auch gar nicht, wie man daraus eine Karriere machen konnte. Es war ganz einfach eine Leidenschaft, und ich habe entschieden, ihr zu folgen, um zu sehen, wohin sie mich führt.

Es war total unverbindlich, mehr ein Hobby, bevor mir dann wirklich drei oder vier Jahre später klar wurde, daß es viel ernster war, und ich mir sogar eine Karriere darin vorstellen konnte.

Und wenn du nicht Fotografin geworden wärst…

… dann wäre ich entweder Pferdetierärztin, Schauspielerin, Bildhauerin, Anwältin geworden. Ich war an allem interessiert und wollte alles machen.

In deinen Fotos beobachtest du die wahre Natur der Menschen in all ihrer Intimität und ihre Beziehung zu ihrem Umfeld.
Was ist wirklich wichtig für dich, wenn du an einem Portrait einer Person arbeitest?

Für mich liegt der Fokus, die Energie und Atmosphäre einzufangen, zu reflektieren, was in diesem Austausch passiert, wie kurz er auch immer sein mag.

Und um diese Atmosphäre einzufangen, wie sehr führst und kontrollierst du die Personen, die du porträtierst? Oder bevorzugst du es, eher spontan zu bleiben?

Es ist mir immer sehr wichtig, eine sehr relaxte Atmosphäre zu schaffe, die Chemie der Person und der Situation zu verstehen, und ein Gespräch zu finden.

Ich versuche so wenig wie möglich zu lenken, da ich es bevorzuge, daß sich die Dinge von alleine offenbaren. Ich bekomme somit etwas Interessanteres, vielleicht auch etwas Intimeres.

Diese intimen Momente zeigst du in einigen Dokumentarserien, die du für Nowness gedreht hast: « Limber Notes », wo es über Performer unterschiedlichen Alters und Sozialschichten geht, die eines gemeinsam haben, die Liebe fürs Tanzen. Oder «  In the Arena » über das britische Model Edie Campbell, die ihre Leidenschaft fürs Reiten enthüllt. 

Möchtest du mehr Dokumentarfilme drehen? 

Ja, gerne würde ich mehr drehen. Ich finde das so aufregend und befriedigend.

Ich liebe es mit all diesen Element zu arbeiten. Ich habe das Medium Radio während meines Kommunikationsstudiums studiert und bin fasziniert, was für eine Macht und Einfluß Ton und Klang haben können. So ist das Drehen von Dokumentarfilmen fast ein natürlicher Übergang, wenn man so wie ich am Charakter der Menschen, an ihren Geschichten und am Schaffen von Stimmungen interessiert ist.

Ich glaube, in mir irgendwo ist ein großer Dokumentarfilm, ich muß einfach nur die Zeit dafür finden.

Und weißt du schon genau, um wen oder um was es in diesem großen zukünftigen Dokumentarfilmprojekt gehen wird?

Noch nicht, aber sobald ich weiß, wer es ist, bin ich mir sicher, die Zeit für dieses Projekt zu finden.

Als preisgekrönte Fotografin, die für ihre Dokumentarfotografie bekannt ist, arbeitest du auch manchmal an Modeshoots.
Was interessiert dich an der Modefotografie?

Ich liebe es, mit schönem Gewand zu arbeiten, mit Modedesignern, und ich bin am Casting interessiert. Es ist amüsant und ich kann experimentieren.

Also wessen Stil bewunderst du?

Ich glaube bewundern wäre vielleicht etwas übertrieben, aber ich mag wirklich sehr gerne Yayoi Kusamas Stil.

Und gibt es ein bestimmtes Foto, das für dein kreatives Schaffen eine Inspiration ist?  

Überhaupt nicht.

Inspirationen für mein künstlerisches Schaffen hole ich mir aus einer Mischung von vielen Dingen: Filme, Malerei, die Arbeit verschiedener Fotografen… Und bei langen Spaziergängen, wenn mir die Ideen ausgehen.

Neben deiner Arbeit als Fotografin und Regisseurin, bist du auch Mutter von zwei kleinen Kindern. Hat das Muttersein deine Kreativität verändert? 

Es hat mir gewiß geholfen, meine kreative Energie auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Als arbeitende Mutter hat man weniger Zeit, deswegen mußt du die Projekte abweisen, die du sowieso früher oder später abgelehnt hättest. Das hilft dir vielleicht sogar, eine gewisse Klarheit zu finden.

Was geht dir durch den Kopf, wenn du an den Iran denkst?

Hashem Shakeris Fotos über die Klimaveränderung und ihre Konsequenzen im Iran.

Kredit:
Alle Fotos: Linda Brownlee
Ausschnitte aus ihrem selbstveröffentlichten Buch „I Zii“, EightyOne Books, 2016
http://www.lindabrownlee.com
Text: Anahita Vessier
Übersetzung: Anahita Vessier

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CAMILLE VIVIER, Surrealismus und erotische Spannung

CAMILLE VIVIER, Surrealismus und erotische Spannung

Camille Viviers Fotos ziehen den Betrachter in eine Welt romantischen Surrealismus, melancholischer Träumerei bedeckt mit einem mysteriösen und samtenen Schleier. Diese Sinnlichkeit und dieser Freigeist in ihren Bildern sind beeindruckend und verführerisch.

Ihre Fotos werden in den renommiertesten Gallerien und Modemagazinen gezeigt. Sie arbeitet aber auch an Musikprojekten, wie zum Bespiel Dita van Teese und Sebastien Telliers Coverfoto für ihr kürzlich herausgekommenes Album.

 

Der weibliche Körper, seine Sinnlichkeit, seine Erotik, seine Vielfältigkeit, sind sehr wichtige Themen in deiner Arbeit. Was ist für dich die Definition von Schönheit?

Mich interessiert die Poesie der Schönheit. Der menschliche Körper ist ein sehr klassisches Thema. In meiner Arbeit hinterfrage ich die Bedeutung des Wortes « Schönheit », wie es in der Kunstgeschichte und in der Gesellschaft aufgefaßt wird.

« In meinen Foto gibt es natürlich dieses Forschen nach Ästhetik, aber insbesondere ist es mir ein Anliegen, daß meine Vision, von dem was schön ist, ein offener und subjektiver Vorschlag sein sollte, ohne diese Bedeutung der Schönheit aufdrängen zu wollen. »

Diese Vision kann manchmal eigenartig und bizarr sein. Ich mag es auch hin und wieder, wenn Dinge fast schon ins Unangenehme gehen.

Ich bin eine Frau, die Frauen fotografiert, und deren Erotik in einer gewissen Weise ausdrückt wie es ein Mann nicht machen würde. Ich zeige sie in einer mehr abstrakten Art und Weise.

Magst du es, deine Fotoshootings zu kontrollieren und sie mit einer sehr fixen Idee im Kopf zu steuern, oder bevorzugst du es, dich mit der Energie gehen zu lassen und «Unfällen » eine Chance zu geben?

Ich bin nicht sehr bestimmend. In einem Klima von Vertrauen lasse ich die Dinge auf mich zu kommen.

«In Momenten der Ungewissheit und Nicht-Kontrollierens, passieren oft viele interessante Unfälle.»

Aber natürlich mache ich mir vor dem Shooting Gedanken über das allgemeine Bildresultat, das ich schaffen will, und ich bereite auch Referenzen für das Licht vor, das ein sehr wichtiges Element meiner Arbeit ist.

In deinen Fotos spielst du viel mit Kontrasten, mit der Kombination von Rauhem und Sanftem, von Lebendigem und Leblosem. Was fasziniert dich so an dieser Verbindung von zwei von einander total gegensätzlichen Dingen?

Die unbehagliche Eigenartigkeit des Leblosen hat mich schon immer fasziniert.

«  Ich liebe das Spiel mit Kontrasten. »

Ich mag es, von einander unterschiedliche Formen oder Welten zu verbinden und so einen Dialog zwischen diesen beiden entstehen zu lassen, die sich dann gegenseitig sublimieren, wie zum Beispiel ein nackter Frauenkörper auf einer Betonskulptur.

Die Arbeit besteht daraus, eine Sprache zwischen diesen beiden gegensätzlichen Elementen zu konstruieren, die dann untereinander kommunizieren.

Abgesehen von deinen persönlichen Projekten, arbeitest du auch regelmäßig mit international renommierten Modemagazinen und Marken wie Isabel Marant, Stella McCartney, Martin Margiela zusammen. Hermes gab dir carte blanche für einen Kurzfilm.

Gibt es einen Fotografen, dessen Arbeit du bewunderst so wie auch seine Vision der Modefotografie?

Ich erinnere mich noch, es war in den Neunzigern, ich habe damals als Assistentin für das Magazine Purple gearbeitet, als Wolfgang Tillmanns Buch herauskam.

« Tillmans Vision hat mich komplett überwältigt. In seinen Fotos habe ich eine enorme Freiheit entdeckt, eine künstlerische Sichtweise, die mir die Augen geöffnet hat, die mir Lust gegeben hat, Fotos zu machen, die meinen Komplex und meine Hemmungen bezüglich der Art und Weise, wie Mode zu dieser Zeit behandelt wurde, genommen hat, denn seine Fotos zeigten sie auf eine zugänglichere, spontanere, freiere Art, weniger glamourös und geglättet.»

Ich bewundere auch Man Rays Werk.
Er hat viel für die Mode gearbeitet, aber hatte auch sehr viele persönliche Projekte, die sehr reich waren an immer wiederkehrenden Codes und Themen. Er hatte einen unheimlich guten Geschmack für Objekte und das Verbinden von gegensätzlichen Elementen.

Meine Beziehung zur Mode war nicht immer einfach, aber nach all den Jahren, habe ich als Künstlerin an Selbstsicherheit gewonnen, was mir erlaubt hat, meine eigene Vision der Mode, meine Sichtweise, die von meinen persönlichen Projekten beeinflusst wird, durchzusetzen. Ich fühle mich nicht mehr eingeengt, daß von mir erwartet wird, in einer bestimmten Weise fotografieren zu müssen.

Man spürt in deinen Fotos eine gewisse Romantik, eine von einem samtenen Schleier leicht verschwommene Träumerei. Gibt es eine sehr bestimmte Inspirationsquelle für dich?

« Ich liebe alles, was eine gewisse Distanz aufbaut und Szenen erschafft, die zwar einen Hauch von Realität beinhalten aber aufgrund von theatralischen Elementen zu etwas komplett Fantastischem führen. »

Ich hole mir sehr viel Inspiration in der klassischen Kunst. Ich liebe die niederländischen Maler und ihre Art und Weise, Licht und Schatten auszudrücken.

Ich lese auch unglaublich gerne und liebe es, mich in imaginäre Landschaften gleiten zu lassen.

Es gab eine Periode, da las ich nur Romane vom französischen Schriftsteller André Pieyre de Mandiargues. In seinen Büchern findet man diese erotische Spannung, die in einem sehr surrealistischen Umfeld spielt.

Was geht dir durch den Sinn, wenn du an den Iran denkst?

Der Kontrast zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart.

Kredite:
Alle Fotos von Camille Vivier
Text: Anahita Vessier
Übersetzung: Anahita Vessier
http://www.camillevivier.com/

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NOAVI, Die ultimative Kunst der Wanderlust

NOAVI, Die ultimative Kunst der Wanderlust

Mein erstes Zusammentreffen mit Noavi kam zustande, nachdem ich ihre Fotos sah und sofort von ihrer Vision verführt wurde, der Aufrichtigkeit und Spontanität in ihren Arbeiten. Sie wurde in LA geboren und wuchs dort mit jemenitischen und polnischen Wurzeln auf, die ihr eine Mischung aus beiden Kulturen, unglaubliche Energie und endlose Neugier bescherten.

Sie ist fasziniert von der Kultur der Beduinen und reist von Abu Dhabi in die Arktis, um die Sami-Kultur zu studieren, von den atemberaubenden Höhen des Jemens nach Luxor und den Nil herunter zum Gebiet der Nubier. Mit ihrer Kamera und ihrem Moleskine Notizbuch hält sie alles fest, was ihr auf ihren einzigartigen Reisen in der Welt begegnet.

Du reist oft in Länder des mittleren Ostens, wie schaffst du es, als Frau in diesen hauptsächlich islamischen und von Männern dominierten Staaten Fotos zu schießen?

Im Allgemeinen ist es für Frauen und für Männer schwer, Fotos von Frauen in islamischen Ländern zu machen, weil sie sehr verschlossen gegenüber Kameras sind. Fotos von Männern zu machen, ist dagegen viel leichter. Es sind sehr konservative Kulturen und man muss viel mehr arbeiten, um eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, damit man Frauen in arabischen Ländern fotografieren kann.

Wie schaffst du es, dass unbekannte Menschen sich vor deiner Kamera wohlfühlen?

Non-verbale Kommunikation ist das Wichtigste.

„Es gibt vieles, das ohne Worte kommuniziert werden kann, mit den Augen, mit einem Lächeln.“

Es ist das wertvollste Werkzeug, wenn man das Wohlsein von Menschen mit denen man arbeitet, einschätzen kann. Deswegen mache ich oft Bilder von alten Menschen oder Kindern, die eine starke non-verbale Kommunikation haben. Kinder tun das, weil sie noch nicht so lange sprechen und alte Menschen, weil sie alt genug sind, um zu verstehen, dass es nicht immer Worte braucht, um zu kommunizieren.

War es für dich eine Inspiration, mit multikulturellem Hintergrund aufgewachsen zu sein?

Ich glaube, es ist ein Privileg und Reichtum, in einem multikulturellen Umfeld aufgewachsen zu sein. Das verpflichtet noch mehr.

Von Anfang an haben mir meine Eltern den Wunsch vererbt, auf Reisen zu gehen und andere Länder und Kulturen zu entdecken. Sie waren immer Rucksacktouristen, haben nie in schönen Hotels gewohnt. Ich und meine Schwester waren immer die Babies im Rucksack.

Gibt es einen Künstler, der dich inspiriert?

Mich inspiriert die Literatur. Es gibt dort so viel Einfallsreiches, womit man die Grenzen der Realität überwinden kann.

Es gibt diesen Schriftsteller, Lawrence Durrell, der in Alexandria lebte. Er war Brite und schrieb eine Buchserie namens „Das Alexandria Quartett“. Das erste Buch von vier heißt ‚Justine‘ und es ist für mich das schönste literarische Schriftstück. Ich habe noch nie ein Buch so oft gelesen. Beim Reisen habe ich dieses Buch immer bei mir.

Hast du irgendwelche Gegenstände, die du immer auf deine Reisen mitnimmst?

Ich habe immer mein Moleskine Notizbuch bei mir. Ich bin jetzt schon beim 28. Ich schreibe immer alles auf, klebe Sachen wie Blumen, Tickets, Zeitungsausschnitte etc. in meine Notizbücher. Das hilft mir in bestimmten Momenten im Leben. Man kann sich an einen Tag erinnern aber man kann schnell komplizierte Details vergessen, die den Tag so besonders und einzigartig gemacht haben.

Was assoziierst du mit Iran?

Was die Sprache betrifft, empfinde ich Farsi als die poetischste Sprache. Generell assoziiere ich Poesie mit Iran… Und es ist ein Ort, den ich besuchen möchte.

Kredit:
Alle Fotos: Noavi
Text: Anahita Vessier
Übersetzung: Ulrike Goldenblatt
http://www.noavi.com

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ROXANA FAZELI, Das Portrait Irans

ROXANA FAZELI, Das Portrait Irans

Roxana Fazeli ist eine talentierte iranische Fotografin, die in Teheran lebt und arbeitet. In ihren Bildern beobachtet sie die kulturelle und gesellschaftliche Vielfalt Irans. Hier eine Auswahl ihrer Fotos, die sie während ihrer Reisen mit verschiedenen im Iran lebenden Volksstämmen (Kaschgai, Turkmenen, Kurden) gemacht hat, die ihre Traditionen und alten volkstümlichen Lebensstil beibehalten konnten.

Nachdem sie ihren Bachelor Degree in Fotografie an der Azad Universität in Teheran abgeschlossen hat, arbeitet Roxana seitdem als Dokumentarfotografin für iranische und internationale Zeitungen und Magazine.

Auf ihren ihren Reisen mit den verschiedene Stämmen hat Roxana einfache aber grosszügige Menschen, Bauern, Hirten kennengelernt, die sie herzlichst zu sich nachhause eingeladen haben.

Egal von welcher Gesellschaftsschicht auch immer, Iraner sind im Allgemeinen sehr bekannt für ihre außerordentliche Kunst der Gastfreundlichkeit.

Kredit:
Alle Fotos: Roxana Fazeli
Text: Anahita Vessier
Übersetzung: Anahita Vessier
http://roxanafazeli.webs.com/

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